Donnerstag, 27. August 2015

Kaunas: Das Neunte Fort - "eine bedrückende Erfahrung"

Katharina auf dem Dach des Forts (Foto Julian Monatzeder)

von Katharina Steinegger

Nachdem wir bereits in der Gedenkstätte in Dachau, an unserer Schule in Grafing und in München Aufnahmen für den BLLV gemacht hatten, bot sich Anfang August 2015 noch einmal eine ganz besondere Gelegenheit: Der BLLV ermöglichte es mir, nach Kaunas in Litauen zu reisen, um dort zusammen mit Julian weitere Filmaufnahmen zu machen.
Am Donnerstag, den 6. August, flog ich also bereits früh morgens von München nach Warschau. Von dort aus ging es dann mit dem Auto weiter nach Kaunas. Diese Stadt ist für die Biographie von Ferdinand Kissinger insofern bedeutend, weil am Stadtrand das sogenannte Neunte Fort liegt. Während der Besatzung der Stadt durch die Nationalsozialisten wurden hier mehrere tausend Juden gefangen gehalten und ermordet, darunter auch Ferdinand Kissinger.
Am Morgen nach unserer Ankunft in Kaunas besuchten wir direkt das Neunte Fort. Das war eine sehr interessante, aber auch bedrückende Erfahrung. Mir vorzustellen, dass das Leben von Ferdinand Kissinger hier ein so grausames Ende gefunden hatte, fiel mir nach meiner langen Recherche nicht leicht. In der Ausstellung im Fort wird ein Raum allein der Deportation Münchner Juden im November 1941 nach Kaunas gewidmet. Hier wird auch die Liste mit den Namen aller Opfer dieser Deportation ausgestellt. Das Besondere daran ist, das diese Liste nicht wie die meisten anderen vernichtet wurde. So konnte ich auch Ferdinand Kissingers Namen wiederfinden.

Transportliste der Häftlinge (Foto Julian Monatzeder)
Als wir dann schließlich die Filmaufnahmen beendet hatten, blieb noch Zeit, um eine andere Seite von Litauen kennenzulernen. Daher besuchten wir am nächsten Tag Vilnius, die Hauptstadt des Landes. 
Am Tag darauf hieß es für mich dann jedoch wieder, zurück nach Hause zu fahren. So ging eine unglaublich spannende Reise zu Ende, an die ich mich bei Verfassen von Ferdinand Kissinger Biographie auf jeden Fall zurückerinnern werde und die mir beim Schreiben sehr helfen wird.

Dienstag, 25. August 2015

Amsterdam: Kurzfilme der Ausstellung stehen online

Ernst Sillem mit Sydney
von Jos Sinnema


Bis 25. Oktober 2015 ist im Widerstandsmuseum Amsterdam die Ausstellung "Namen statt Nummern  Politische Gefangene aus den Niederlanden im Konzentrationslager Dachau" zu sehen. Ausgangspunkt für die Ausstellung sind die Geschichten von ehemaligen niederländischen Häftlingen, die Jugendlichen für das Gedächtnisbuch aufgezeichnet haben.

Die Ausstellung hat einen biographischen Blickwinkel. Anhand von Objekten wird gezeigt, wie Gefangene im Konzentrationslager Dachau, ein auf menschliche Entwürdigung ausgerichtetes Lager, zu überleben versuchten. Jaap van Mesdag musizierte, Lies Bueninck-Hendrikse konnte ein Foto ihres Töchterchens versteckt halten und dem Bildhauer Frits van Hall gelang es, kleine Reliefs anzufertigen.

Willemijn Petroff-van Gurps Schmuck
Bei jeder Vitrine gibt es Videoscreens mit kurzen Filmen, in denen die Jugendlichen die Bedeutung der gezeigten Objekte erklären, und auf manchmal berührende Weise erläutern, was der Kontakt mit einem Überlebenden oder seiner Familie ihnen gebracht hat. Einige dieser Kurzfilme stehen jetzt online. Wie zum Beispiel:

Jelle Braaksma über ein handwerklich gefertigtes Schmuckstück, dass die Gefangene Willemijn Petroff - van Gurp im KZ geschenkt bekam:
https://www.youtube.com/watch?v=j0wbV9eKyG0
 

Gijs Berends  über einen nie abgeschickten Brief des ehemaligen Häftlings Jan van Kuik:
https://www.youtube.com/watch?v=R4muomT5oFQ


Ledmia Baghdadi über den ehemaligen Häftling Pim Reijntjes und seine Liebe zu seinem Bruder:
https://www.youtube.com/watch?v=Y6r97pHOC3w

Sydney Weith über den Kontakt mit dem ehemaligen Häftling Ernst Sillem:

https://www.youtube.com/watch?v=crY1JSmsN6c

 
Ylva Sluiter über die Bedeutung des Gedächtnisbuchprojekts:

https://www.youtube.com/watch?v=RdO_dvWTe9M








 

Mittwoch, 19. August 2015

Neue Gedächtnisblätter aus den Niederlanden

Neue Gedächtnisblätter aus den Niederlanden brachte Jos Sinnema am 19. August 2015 im Gedächtnisbuchbüro vorbei. Verfasser und Porträtierte haben die Blätter eigenhändig unterschrieben.

Jos recherchiert zurzeit in Deutschland für künftige Biographien. Das Team nutzte die Gelegenheit zu einer Nachbesprechung der großen Amsterdamer Ausstellung im Widerstandsmuseum. Mit dabei außer Projektleiterin Sabine Gerhardus die Trägerkreisvertreter Andreas Kreutzkam und Klaus Schultz (nicht auf dem Bild).

Samstag, 8. August 2015

Interview: Ein Jahr als Freiwillige von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Dachau

Kat Semel


Kat, du hast jetzt ein Jahr als Freiwillige von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste hier in Dachau verbracht. Du kommst aus Kalifornien, aus Los Angeles. Woher kommst du genau?
Aus Santa Monica.
Was unterscheidet das Leben in Dachau von dem in Santa Monica?
Santa Monica, Los Angeles, ist eine sehr, sehr große Stadt. Dachau ist viel kleiner. Es ist viel ruhiger hier.  Zum Beispiel Lebensmittel. In Santa Monica bekomme ich immer alles, etwa Erdbeeren. Hier in Dachau ist das nicht so. Oder das Auto. In Santa Monica muss ich alles mit dem Auto erledigen. Ok, ich mag mein Auto – aber hier kann ich immer Fahrradfahren, das ist auch sehr nett.
Du hast zusammen mit deiner Kollegin Maya ein Gedächtnisblatt geschrieben. Was waren deine Erfahrungen damit?
Sabine Gerhardus hat uns zwei Namen gegeben, das waren beides jüdische Lehrer. Wir haben Neustädter genommen, da gab es mehr Material und wir konnten nach Würzburg ins Archiv fahren. Dort konnten wir die Gestapo-Akten einsehen. Die Recherche war ein bisschen schwierig, weil wir beide nicht so gut Deutsch sprechen. Aber es war sehr, sehr interessant und eine gute Übung für uns. Dann haben wir es geschrieben und präsentiert. Es war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen hier.
Jemand, der neu als Freiwilliger für Aktion Sühnezeichen hierher kommt – was würdest du ihm oder ihr empfehlen?
Am Anfang war es nicht so viel Arbeit und das war ok, weil wir so viele neue Dinge wissen mussten. Und unser Deutsch war ok, aber nicht perfekt. Ich glaube, dass die neuen Freiwilligen besser Deutsch können. Ich würde sagen, ihr braucht keine Angst zu haben. Es gibt so viel zu machen und zu lernen und es ist alles sehr interessant.
Würdest du so ein Freiwilligenjahr in Dachau nochmal machen?
Ja, schon, aber vielleicht etwas anders.  Ich recherchiere gerne – ich würde versuchen, mehr Recherche zu machen.
Wenn du in zehn Jahren an Dachau zurückdenkst, an was wirst du dich erinnern?
An die Leute, die so hilfreich und freundlich sind. Und auch an das, was ich über mich selbst gelernt habe und über dieses Thema.